Empathie und Sarkasmus: Wie KI Menschen besser verstehen lernen kann
Über Prof. Dr. Lucie Flek
Prof. Dr. Lucie Flek ist Professorin im Fachbereich Mathematik und Informatik an der Philipps-Universität Marburg und leitet dort das Conversational AI and Social Analytics (CAISA) Lab.
Vor ihrer Anstellung in Marburg studierte Flek Informatik an der Nuklearphysikfakultät in Prag und arbeitete am Large Hadron Collider in CERN. Ihre Expertise in der Verarbeitung von großen Datenmengen brachte sie anschließend zu Google, wo sich die Wissenschaftlerin dem maschinellen Verstehen von Sprachezuwandte.
Von dort ging es zurück in die Wissenschaft: Ihren PhD erhielt sie 2016 an der TU Darmstadt. war Visiting Researcher an der University of Pennsylvania, USA und Research Fellow am University College London, England.
Anschließend arbeite sie drei Jahre als Research Program Manager in Amazons Alexa AI Programm, danach als Associate Professor für KI in Mainz. Seit 2021 ist Flek in Marburg.
Forschung an der Schnittstelle von Psychologie und KI
Prof. Dr. Lucie Flek hat einen beeindruckenden Lebenslauf: Sie hat in sieben Ländern gelebt, studiert, gearbeitet und geforscht, war bei Tech-Giganten wie Google oder Amazon und verbindet Expertise zu Nuklearphysik, Psychologie, Computerwissenschaften und Künstlicher Intelligenz. Nun forscht die Wissenschaftlerin an Künstlicher Intelligenz, Sprache und sozialem Verhalten.
„Sprache macht noch mehr Spaß als Physik, denn sie hängt davon ab, wie sich Menschen verhalten. Das ist häufig sehr irrational und nicht alles hält sich an Regeln wie in der Physik“, sagt Flek. Daher wechselte sie von der Analyse großer Datenmengen des riesigen CERN-Teilchenbeschleunigers zur Big-Data-Verarbeitung bei Google.
Die Arbeit an Sprache ist laut Flek interdisziplinär: Um wirklich zu verstehen, was ein Satz meint, braucht es zusätzlich Informationen über menschliches Verhalten und den sozialen Kontext einer Aussage.
Ihre Stellen bei Google und Amazon gab Flek auf, um sich in der Wissenschaft ihrer Leidenschaft für Warum-Fragen zu widmen. Tech-Konzerne böten zwar Zugriff auf interessante Daten und reichlich Rechenleistung – aber es bliebe wenig Zeit für Details und tiefgehende Fragen.
In Marburg kombiniert Flek jetzt all das Wissen, das sie auf ihrem abwechslungsreichen Berufsweg bislang aufgenommen hat. Sie arbeitet an der Schnittstelle von Machine Learning, klassischer Computerwissenschaft, Sprache, der Psychologie und Soziologie sozialer Medien und der Interaktion zwischen Mensch und Computer.
hessian.AI ist für Flek eine große Hilfe beim Aufbau eines Forschungsnetzwerk und beim Outreach. So wird etwa einer ihrer Post-Docs direkt vom Zentrum unterstützt. Zudem schaffe hessian.AI Zugang zur Industrie, wo Fleks KI-Agenten helfen sollen, die Kommunikation zwischen Beteiligten zu verbessern.
Wenn Universitäten mit der Industrie konkurrieren müssen
hessian.AI könnte zudem Rechenressourcen zur Verfügung stellen. Das ist zentral, denn die maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache hat sich in den letzten Jahren radikal geändert: Große Unternehmen wie Google oder OpenAI bestimmen mit ihren Modellen die zunehmend kommerziell orientierte KI-Branche. Big-Tech-Modelle werden nahezu monatlich größer und immer undurchsichtiger, da Unternehmen Details zu Trainingsprozessen zurückhalten.
Flek sieht diese Entwicklung als große Herausforderung, da es als Universität, als Nation, ja sogar als Europa schwer sei, mit der Infrastruktur der US-Industrie mitzuhalten.
Gleichzeitig sei es aber auch die Rolle der Wissenschaft, diese großen industriellen Anwendungen zu hinterfragen. Es gebe zahlreiche ethische Probleme, etwa, in welchen Bereichen große Modelle sinnvoll eingesetzt werden können und wo Risiken liegen. Die Forschung müsse sicherstellen, dass große KI-Modelle besser und nützlich für die Gesellschaft werden.
Empathische Computer and Sarkasmus-Analyse
In ihrem CAISA-Lab forscht die Wissenschaftlerin an zwei großen Themen: Bessere Dialog-Agenten und KI-Systeme, die besser verstehen, was Menschen in sozialen Medien schreiben.
Konkret entwickelt ihr Team etwa Conversational Agents, die Menschen empathischer verstehen und als KI-Tutoren für Menschen dienen, die andere Menschen beraten. Solche Systeme könnten Menschen in Lehrberufen, der Beratung oder der Medizin etwa helfen, die Reaktionen von Studierenden oder Patientinnen und Patienten besser vorherzusehen.
Medizin-Studierende könnten mit einem KI-Patienten interagieren und lernen, wie sie im Ernstfall über eine schwerwiegende Diagnose mit Betroffenen sprechen.
In der Analyse von sozialen Medien fokussiert sich Flek auf ein besseres Verständnis der Menschen: „Menschen verhalten sich nicht immer gleich. Man muss mehr über eine Person, und mit wem sie spricht, wissen, um einen Satz korrekt zu interpretieren.“
Der gleiche Satz könne ganz unterschiedlich gemeint sein, was die Bewertung einer Aussage erschwert. Hier hilft der Kontext: Sarkasmus trete etwa häufiger unter Freunden oder in politischen Bezugsgruppen auf.
KI-Systeme, die uns besser verstehen, tragen zu transparenteren und natürlicheren Interaktionen zwischen Menschen und Computern bei, sagt Flek. Aber auch zwischen Mensch und Mensch.